Urlaub mit Baby

12. Dezember 2015 , In: Tina, ZweiBlicke , With: One Comment
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Oder auch: wie aus der großen weiten Welt plötzlich ein überschaubarer Raum wird

Es soll ja wirklich Paare geben, die sich Gedanken machen, ob sie überhaupt Nachwuchs wollen. Und ich gestehe: wir haben auch zu dieser Kategorie Paar gehört. Während es für viele Frauen klipp und klar ist, dass Kinder zu einem erfüllten Leben dazugehören, war ich mir da nicht so sicher. Mein Freundeskreis besteht aus vielen eingefahrenen Singlemännern und chaotischen Künstlermädels. Also eigentlich genau den Menschen, wovor mich meine Eltern immer gewarnt haben. Aber ich liebe meine Freunde. Die mit den größten Macken wahrscheinlich sogar am meisten.

Einer der Gründe, weshalb mein Kinderwunsch nicht sooo ausgeprägt war, ist der Fakt, dass ich gerne reise. Und das am liebsten an Orte, wo man etwas erleben kann. Also nix Malediven, Seychellen oder Dom Rep. Da würde mir spätestens nach drei Tagen die Decke auf den Kopf fallen und wer mich kennt, der weiß: spätestens dann werde ich unausstehlich. Oder beginne bereits um 9 Uhr morgens den ersten Cocktail zu trinken. Nachdem beides keine dauerhafte Lösung ist, haben mein Freund und ich diese Ziele tunlichst vermieden und haben Destinationen wie Japan, Myanmar, Laos, Istanbul, Island, Oslo oder Australien ausgewählt. In unserer Wohnung hängt eine grooooße Weltkarte und bei jedem Ort, den wir gemeinsam besucht haben, steckt ein grünes Fähnchen. Mein großes Ziel ist natürlich, dass irgendwann die gesamte Weltkarte voller grüner Fähnchen ist und wir die ganze große weite Welt bereist haben. Und dann wurde ich schwanger. Und natürlich stellt man sich da auch die Frage: „Was kann man mit Baby überhaupt urlaubstechnisch unternehmen?“ Vor meinem geistigen Auge sah ich mich schon die nächsten Jahre in sogenannten „Familienhotels“ – hier würde dann der Cocktail ab 9 nicht mehr reichen, wahrscheinlich wäre ich da genötigt, meine Kifferzeit wieder aufleben zu lassen. Mein Freund meinte daraufhin nur diplomatisch: „Wir werden unser Leben genauso weiterführen, nur halt mit Kind.“ Mir war damals noch nicht klar, dass Männern schwangeren Frauen ALLES versprechen, damit erst mal Ruhe ist. Wahrscheinlich war ich auch einfach noch unausstehlicher als nach drei Tagen Seychellen.

Und dann kam Liv. Und auch wenn Liv das tollste Wesen weit und breit ist, kam nach einigen Wochen die Frage auf, wo wir denn zu Dritt unseren Jahresurlaub verbringen. Fängt man an, das Thema „Urlaub mit 4 Monate altem Baby“ zu googlen, gibt es Ergebnisse, die von „Weltreise mit Neugeborenen“ hin zu „Mit meinem Baby fahre ich noch nicht mal in den Schwarzwald“ reichen. Sprich: Es gibt Eltern, die verzichten erst einmal konsequent auf jeglichen Urlaub, weil sie der Meinung sind, das alles wäre viel zu anstrengend für den Nachwuchs. Oder auch für sie. Und dann gibt es wiederum die Kategorie Eltern, die ihre zwei Rucksäcke und den Baby-Carrier packen und mit dem Kind durch Thailand reisen.

Jedenfalls sind wir alle Reiseziele durchgegangen, die wir irgendwie interessant fanden und ich habe meinen lieben Freund Stephan, Oberarzt in einem Münchner Krankenhaus und selbst Vater, nach seiner persönlichen Einschätzung gefragt. Hier seine Antwort:

Eigentlich könnt ihr überall hin, wo es kein Malaria oder Denguefieber gibt. Wasser solltet ihr im Urlaub und bei einem vier Monate alten Baby sowieso abkochen. Das heißt: der gesamte Middle East (VAE, Oman), Marokko, Südafrika, Südamerika (nur Argentinien, Uruguay oder Chile ). Bleibt noch das medizinische Risiko in abgelegenen Regionen! Würde nirgendwo hinfahren, wo es keine großen Krankenhäuser mit Kinderärzten gibt. Lange Flüge sind meist nicht so das Problem mit Baby, allerdings ist sie schon noch ganz schön klein. Die Babys sind halt oft im Urlaub etwas anstrengender…“.

Okay. Klang ja auf den ersten Blick recht einleuchtend. Dubai und Oman war ich schon, fand ich auch in Bezug auf die Menschenrechte echt grenzwertig. Südafrika kenne und liebe ich, aber die Flüge waren megateuer. Argentinien: Super, wollte ich immer schon mal hin aber es gab nur noch Flüge mit langen Zwischen-Stopps, so dass selbst Australien schneller erreichbar gewesen wäre.

Nachdem wir vier Abende lang im Internet nach Zielen, Flügen und Hotels geschaut haben, sind wir dann letztendlich bei Bali gelandet. Ein Hotel – mitten in den Reisfeldern, mit Yogastunden, tollen Ausflugszielen und einer guten Mischung aus Erholung und Unternehmungen. Wir waren schon kurz davor, den „Buchen“-Button zu drücken, als mein Freund mich plötzlich entsetzt anschaut und sagt: „Nach Bali fliegen wir nicht!“ Nachdem auch er stundenlang recherchiert hatte, war ihm ein Bericht untergekommen, in dem stand, dass auf Bali scheinbar EINE Malaria-Mücke gesichtet worden ist. Also irgendwo in einem Gebiet, wo Otto-Normal-Urlauber gar nicht hinkommt, sondern maximal ein Adventure-Urlauber. Egal. Die eine Mücke war genug. Bali war auch gestorben. Und ich war deprimiert. Vor meinem geistigen Auge sah ich mich dann doch trinkend und rauchend im Familienhotel sitzen, nur fremde Kinder um mich herum und Liv kreischend im dortigem Spieleparadies. Aus der großen weiten Welt, die noch sooo viele Abenteuer und Spaß für mich bereithalten sollte, war plötzlich ein äußerst überschaubarer Raum geworden. Zumindest für die nächsten fünf Jahre.

Irgendwann wurde dann doch alles gut. Wir haben günstige Flüge nach Miami entdeckt. Ein neues Fähnchen wird auf unserer Weltkarte nicht dazukommen, aber es ist ein guter Kompromiss. Und Liv kann das erste Mal ihre kleinen Babyfüßchen in den Sand stecken und darf das erste Mal Meer fühlen. Und wahrscheinlich ist es dann, wenn sie zufrieden lächelt, eh ganz egal wo wir sind…:)

 

 

 

 

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