Kindheit adé oder „Hände hoch oder ich spritze!“

24. Juni 2016 , In: Meike, ZweiBlicke , With: No Comments
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Seit heute weiß ich, eine unbeschwerte 1980er-Jahre Kindheit wie ich sie hatte, kann ich meinem Sohn nicht bieten! Überall lauert inzwischen wohl das Böse, scheinbar auch in unschuldigen Kinderspielen.

Und wenn Sohn oder Tochter das Böse darin nicht selbst zu sehen vermag, dann gibt es glücklicherweise immer wen, der sie darauf hinweist.

Heute geschehen auf dem Abenteuerspielplatz. München, 30 Grad.

Ich bringe Matheo gerade zum Geburtstagsfest eines Freundes. Viel Platz, viel Grün, viel Wasser, viele Jungs.

NATÜRLICH wollte Matheo (wie alle seine Freunde auch) seine kleine neongelbe Wasserspritzpistole mitnehmen und freute sich schon diebisch das zu tun, was wir früher auch getan haben.

Was haben wir Kinder es damals geliebt, uns an heißen Sommertagen, wie es heute einer ist, mit Wasserpistolen gegenseitig nass zu spritzen. Wir haben Banden gebildet und solange aufeinander „geschossen“ bis wir triefend nass waren. Währenddessen haben wir lauthals gelacht und gekickert, waren glücklich, frei und UNVERDORBEN.

Keiner meiner Freunde, Brüder oder ich hätten unsere Wasserpistolen auch nur im Ansatz mit Kriegspielen oder einer tödlichen Waffe assoziiert und auch kein einziger Erwachsener hätte uns deswegen jemals gemaßregelt. Sommer, Sonne, Eis und Spritzpistolen. Bilder meiner Kindheit.

Hallo? Bin ich verrückt oder die Welt um mich herum? Was wird denn noch alles aufgebauscht in dieser Zeit, in der wir genug echte Sorgen haben?

Das Gesicht meines Sohnes und die Tränen in seinen Augen sprachen jedenfalls Bände als der Hochheilige Wärter des Spielplatzes ihm einen Vortrag hielt, wir furchtbar böse und schrecklich seine kleine Wasserpistole ist und dass er total dagegen ist, dass man eine solche Waffe gegen andere Menschen richtet. Pistolen und Gewehre seien immerhin Mordwerkzeuge.

Matheo war völlig vor den Kopf gestoßen und ehrlich gesagt richtig geschockt. „Mama, das versteh ich echt überhaupt nicht. Was ist denn daran so böse? Sie ist doch nur aus Plastik? Meine Freunde und ich wollen doch nur lustig sein.“

Ja und genau das will ich, dass er ist, solange es nur geht. Lustig mit seinen Freunden! Ich möchte ihn nicht bei allem, was er tut, was ein Junge eben gerne tut, und das ist nun mal schießen und ballern und raufen und kämpfen, darauf hinweisen müssen, wie furchtbar es ist, dass genau durch solche Dinge überall auf dem Erdball Menschen sterben.

Ganz ehrlich Leute. Lasst endlich mal die Kirche im Dorf. Ich will ja nix sagen, aber ganz oft sind es genau diese belehrenden Sesselpupser und verdrucksten Möchtegern-Pazifisten, die dann heimlich nachts kleine Kinder belästigen. „Die, die am lautesten Predigen, haben den meisten Dreck am Stecken!“, hat meine Omi immer gesagt und sie hatte Recht. Die katholische Kirche hat es uns schließlich bewiesen.

Stellt Euch vor: Als Kind durfte ich sogar noch völlig unbehelligt Räuber und Gendarme, Cowboy und Indianer oder Pirat spielen und mit Pfeil und Bogen, Revolvern, Säbeln und Messern hantieren, ohne dass mir jemand mit einer Standpauke über Mord und Totschlag meine kindliche Fantasie hätte zerstören dürfen.

Heute muss man bei jedem Faschingsball um sein Leben fürchten, weil Übermutti einen wegen ein bisschen Peng Peng beinahe zu Tode quatscht.

Für Psychologen ist bestimmt kaum zu erklären, dass ich trotz all der vielen bösen Waffen meiner Kindheit, heute trotzdem kein Maschinengewehr unterm Bett liegen habe, das ich ohne Nachzudenken auf jeden und alles richten würde, was sich bewegt. Man glaubt es kaum, aber ich bin eigentlich ein Harmonie-Mensch. Ich finde doch tatsächlich Reden besser als Gewalt und glaube fest daran, dass man fast alle Probleme im Leben lösen kann, ohne sich an die Gurgel gehen zu müssen…

Wow! Das gibt´s? Ja, das gibts und wir sind viele davon!

Nur, wenn die Freiheit meines Sohnes, seine Unschuld, seine Jungenhaftigkeit derart von der Gesellschaft mit Füßen getreten wird, da hört es sich bei mir auf mit der Harmonie.

Von mir aus mache ich ab und zu den Zirkus mit und gebe meinem Sohn, sollte er sich im nächsten Jahr vielleicht als Sheriff verkleiden möchten, Wattebäuschchen statt Revolver als Waffe mit und beuge mich damit dem allgemeinen Ruf nach noch mehr Jungs, die letztlich keine mehr sein dürfen…

Aber wenn es um WASSERPISTOLEN geht, sorry, da hört mein Verständnis auf. Ich finde es lächerlich. Einfach nur lächerlich. Was kommt als nächstes?

Darf man keine Wasserbomben mehr werfen, weil das Wort Bombe drin vorkommt? Kein Topfschlagen mehr, weil das Wort schlagen drin vorkommt?

Ich bin fassungslos, dass ich gezwungen bin, meinem achtjährigen, unschuldigen Sohn, der noch so sehr ans Gute auf der Welt glaubt, erklären zu müssen, dass seine kleine gelbe Wasserpistole, die er sich letzte Woche von seinem eigenen Geld ganz stolz gekauft hat, was BÖSES sein soll.

No way, ohne mich!

Ich konnte zwar leider nichts an den Regeln des Abenteuerspielplatzes ändern und habe die Waffe natürlich wieder mitgenommen, aber ich weigere mich meinem Kind zu sagen, dass es ihn zu einem schlechten Menschen macht, wenn er damit aus purer Freude am Kindsein auf seine Freunde schießt und sich einfach GAR nichts dabei denkt.

Und jetzt ziehe ich los und kaufe die größte Wasserspritzpistole, die ich finden kann und lade für den nächsten Sommertag alle Freunde von Matheo ein, die eben beim Abenteuerspielplatz ebenfalls ihre Waffen abgeben mussten und dewegen völlig traurig waren.

In meinem Garten dürfen Kinder jedenfalls noch Kinder sein und Jungs noch Jungs.

Achja, vielleicht sollte ich auf dem Weg zum Kaufhaus mal ein paar Mütter belehren, die ihre Töchter mit Barbiepuppen spielen lassen, schließlich wird man davon magersüchtig, beim nächsten Fechtverein fahr ich auch vorbei und ersetze die Degen dort durch Schwimmnudeln, ich motze die Balletlehrerin an, weil das Drillen Körperverletzung ist und Karate gibt ebenfalls einen falschen Eindruck auf die Welt.

Und im Winter BLOß NICHT ZUR SCHNEEBALLSCHLACHT MIT DEN KINDERN GEHEN!

Ihr wisst schon warum. SCHLACHT ist ein furchtbar böses Wort. Ist schließlich ein Synonym für Krieg und es geht gar nicht, dass man mit Schneebällen auf Menschen wirft, die ja letztlich aussehen wie kleine Handgranaten… Lächerlich. Echt!

 

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