Eine Freundin hat mir gestern einen Artikel geschickt, in dem eine Mutter offen berichtet, dass sie es bereut, Mutter zu sein und es sofort ändern würde, wenn das irgendwie ginge. Und sie erzählt, dass sie sowohl ihr früheres Leben als auch sich als Person damals um einiges besser fand.

Ich persönlich finde es generell unsinnig, ständig irgendwelche Lebensphasen miteinander zu vergleichen. Jede Phase ist anders, hat ihre Vor- und auch Nachteile, aber irgendwie dann doch ihre Berechtigung. Früher hab ich beispielsweise nächtelang durchgefeiert, selbst wenn ich am nächsten Tag ein Fotoshooting hatte. Heute schaue ich, dass ich am Vorabend Yoga mache und paar Stunden Schlaf bekomme. Das mögen manche spießig nennen, aber ich möchte halt nicht mehr mit 39 Jahren beim Job überlegen müssen, ob mein Porridge, das ich zum Frühstück hatte, wohl gleich in der Toilettenschüssel landet. Cool ist das ja auch nicht wirklich, auch wenn ich das damals so empfunden habe. Spätestens nach diesem Absatz werden meine engen Freunde jetzt erstaunt schauen und sich denken, dass ich mich ja um einiges braver darstelle, als ich in Wirklichkeit bin. Was durchaus sein kann, denn natürlich geh ich nach wie vor gerne feiern, zelebriere meine gesteigerte Kommunikationsfähigkeit nach einigen Gin Tonics und verfluche den Kater am nächsten Tag. Nichts desto trotz: Die wildesten Jahre sind nun mal vorbei. Aber nachdem das Streben nach dem Superlativ eh irgendwann erbärmlich ist, bin ich mit den wilden Jahren aktuell auch durchaus zufrieden.

Jedenfalls hab ich mir nach dem Artikel Gedanken gemacht, ob mein Leben VOR oder MIT Liv besser ist und wie ich mich als Mensch verändert habe. Und ich muss zugeben: Ich bin wirklich ein besserer Mensch geworden. Das klingt jetzt ziemlich abgedroschen, ist aber die Wahrheit. Vielleicht hängt das auch damit zusammen, dass ich zwar immer ein großer Tierfreund war, aber mit Kindern nicht wirklich etwas anfangen konnte. Hatte damals eine Freundin von mir ein Kind bekommen, bin ich zwar brav ins Krankenhaus marschiert und habe mein Geschenk abgeliefert und das obligatorische Babyfoto gemacht, so wirklich nachvollziehen konnte ich das „große Glück“ jedoch nicht. Das und vieles mehr hat sich seit dem 18. August 2015 jedoch gewaltig geändert.

Hier meine persönlichen TOP10, warum ich seit Liv ein besserer Mensch bin. Zumindest ein klein wenig:)

1. Empathie

Ich war eine der Frauen, die sich im Flieger umgesetzt haben, sobald eine Mutter mit Baby neben mir saß. Bei Grillabenden, Cocktail-Partys oder sonstigen Veranstaltungen habe ich nie verstanden, warum da Kinder anwesend sein müssen. Ich gestehe: Ich war kein großer Kinderfreund, konnte mit diesem Thema so gar nichts anfangen. Jeder der mich kannte, dachte eher, dass ich ein Tierheim auf Mallorca eröffne, statt ein Kind zu kriegen. Jetzt ist alles anders. Seitdem Liv auf der Welt ist, kann ich mich in Mütter so viel besser hineinversetzen. Verstehe plötzlich, dass Kids abends auf einer Grillparty dabei sind, weil der Babysitter abgesagt hat. Helfe anderen Frauen, den Kinderwagen über Stufen zu tragen. Bringe Livs Kleidung, die ihr nicht mehr passt, bei der Diakonie vorbei. Und versuche allgemein, eine Solidarität mit anderen Eltern zu entwickeln. Und irgendwie tut es gar nicht weh, sondern gibt einem sogar noch ein richtig schönes Gefühl. Auch wenn ich im Flieger nach wie lieber neben Erwachsenen sitze:)

2. Geruchssinn

Ich rieche besser. Bereits in der Schwangerschaft ändert sich ja bei Frauen der Geruchssinn, man riecht intensiver. Liv ist inzwischen zwei Jahre und das hat sich nicht geändert. Ich bin die erste, die riecht, wenn mein Kind eine neue Windel braucht. Eine tolle Sache, solange niemand in der Nähe ist, der sein Deo vergessen hat:)

3. Mehr Engagement

Bilder, wie Kinder in der Dritten Welt leiden. Videos, wie Flüchtlingskinder eng zusammengedrängt auf einem Boot sitzen, um vor dem Krieg zu fliehen. Solche Bilder sind mittlerweile für mich fast unerträglich. Die Liebe zu Kindern eint alle Religionen und Kulturen, egal woher man kommt oder was man glaubt. Und wenn man, wie wir hier in Deutschland, in einer privilegierten Situation ist, MUSS man helfen. Organisationen unterstützen, mit AfD-Sympathisanten diskutieren und vor allem: nicht die Augen verschließen sondern erkennen, wie gut es uns hier geht.

4. Ich bin relaxter

Früher habe ich mir über sooo viele unwichtige Themen Gedanken gemacht. Habe mich viel schneller stressen lassen und aufgeregt. Inzwischen haben sich viele Probleme, über die ich mir früher noch einen Kopf gemacht hätte, stark relativiert. Ganz einfach, weil sich meine Prioritäten verschoben haben. Das wichtigste ist, dass alle gesund sind. Alle anderen Probleme lassen sich irgendwie lösen und meist schneller, wenn man entspannt bleibt.

5. Ich bin ein besserer Partner

Was nicht heißt, dass ich früher eine Vollkatastrophe war. Aber ich hatte schon einen gewissen Egoismus, was meinen Alltagsplan betrifft. Bin ausgegangen, wann immer ich Lust hatte, hab jeden Job angenommen und hatte oft eher an MICH als an UNS gedacht. Seitdem wir eine gemeinsame Aufgabe haben, habe ich gemerkt, dass Teamwork doch förderlich ist, um so ein kleines Wesen großzuziehen…

6. Ich kann besser kochen

Unsere Tochter soll sich gesund ernähren. Das geht natürlich nur, wenn wir mit frischen, saisonalen Zutaten kochen und nicht jeden zweiten Abend eine Tiefkühlpizza in den Ofen schieben oder Essen in der Mikrowelle auftauen. Deshalb habe ich mir diverse Kochblogs angeschaut, Kochbücher besorgt und gehe viel bewusster einkaufen als früher. Mit dem Ergebnis, dass Liv fast nur gesunde Sachen isst, wir uns alle bewusster ernähren und unsere Küche jetzt endlich einen Sinn hat. Ach ja, und Gummibärchen gibt´s natürlich trotzdem:)))

Falls Ihr Tipps für gesunde Ernährung sucht: Die Mädels von Epi Food haben ein sensationelles Kochbuch herausgebracht, dann hat YUMMY viele tolle Rezepte für die ganze Familie und Christin vom Hamburger Deern Blog hat sogar ein kostenloses eBook mit vielen tollen Familiengerichten publiziert.

7. Ich möchte Vorbild sein

Und Vorbilder fluchen nicht, werden nicht so schnell laut und versuchen einfach, ein guter Mensch zu sein. Sprich: Sobald ich mit Liv unterwegs bin, versuche ich mich beim Autofahren weniger aufzuregen (auch die Häufigkeit verwendeter Schimpfwörter hat sich reduziert) und ich überlege mir einfach bei jeder Handlung, ob sie richtig oder falsch ist. Natürlich klappt das nicht immer, aber ich merke einfach, wie schnell sich unsere Tochter Dinge abschaut und dann auch kopiert. Vor kurzem haben wir beim Spielplatz im Englischen Garten eine verletzte Krähe unter der Rutsche gefunden. Einige Eltern haben ihren Kindern erzählt, die würde da nur schlafen und es wäre alles in Ordnung. Als meine Tochter dann kam und meinte „Vogel Heia“ habe ich ihr gesagt, dass der Vogel krank ist und Hilfe braucht. Wir haben dann die Leitung vom Englischen Garten angerufen, die kurze Zeit später jemanden vorbei geschickt hat, der die Krähe mitgenommen und uns versprochen hat, sie untersuchen zu lassen. Ich bin mir nach wie vor nicht ganz sicher, ob der Vogel nicht einfach „entsorgt“ wurde. Aber Liv hat gelernt, dass es wichtig ist zu helfen und sich zu kümmern.

8. Ich gehe weniger Shoppen

Also zumindest für mich:) Dafür kann ich an keinem Kindergeschäft mehr vorbeigehen, ohne zumindest Liv ein kleines Geschenk mitzubringen. Auch ihr Kleiderschrank macht meinem inzwischen Konkurrenz, weil es einfach sooo viel Spaß macht, ihr neue Sachen zu kaufen.

9. Ich bin aktiver

Ein ganzer Tag vor dem Fernseher? Das ist mit Kind einfach nicht mehr möglich. Auch wenn ich es offen gesagt ab und an vermisse, tagelang im Bett die neue Netflix-Serie zu schauen. Dafür bin ich jetzt mehr draußen an der frischen Luft, lerne München von einer ganz neuen Seite kennen und bin einfach viel mehr unterwegs als früher. Baden am Flaucher, den Nordteil vom Englischen Garten nach Baumzapfen absuchen und mit Gummistiefeln an der Isar durch Pfützen springen. Alles Dinge, die übrigens auch unser Hund Paula sehr zu schätzen weiß:)

10. Ich liebe mehr

Meine Tochter, meinen Freund, meinen Hund. Mein Leben. Das ganze Leben ist intensiver, und auch die Emotionen werden intensiver. Ein tolles Gefühl, das ich bis dato noch nicht kannte, auf das ich aber auch nicht mehr verzichten möchte.

LIEBE LIV – DANKE, ES DICH GIBT!